Therapeutisches Klettern für Kinder mit „einer ganz anderen Art Die (Heutige) Welt zu Sehen“ AD(H)S

Die Idee

Das Programm „ THERAPEUTISCHES KLETTERN“ für Kinder mit einem erhöhtem Risiko in ihrer gesundheitlichen und psycho-sozialen Entwicklung will Hilfestellung zu einer gesunden Integration in das gesellschaftliche Miteinander anbieten. Es gibt Kinder, die sehr aktiv sind, die sich jedoch enorm schwer tun eine Handlung zu planen und zu Ende zu führen. Anderen scheint die Motivation zu fehlen, eine Herausforderung überhaupt anzunehmen, um sie später auch bewältigen zu können. Beides, gerichtete Handlungsfähigkeit und Motivation sind Voraussetzungen, damit sich ein Mensch zu einer eigenständigen Persönlichkeit entwickeln kann. Die Erfahrung, etwas selbst anzupacken und es meistern zu können, ist dazu grundlegend.

Unterstützt von der Freiburger Vereinigung zur Hilfe psychisch kranker Kinder und Jugendlicher e.V. starteten wir im Frühjahr 2007 eine Probereihe mit 8 Kindern. Darin wurde unsere bisherige Annahme, klettern könnte für diese Kinder hilfreich sein, voll bestätigt. Ehrlich gesagt waren wir von der Schnelligkeit mit der sich das Können der Kinder entwickelte, selbst ein wenig überrascht.

Konzeption zum Kletterkurs für AD(H)S Kinder als Zielgruppe

Die Kinderklettergruppe richtet sich an Kinder mit ADS aber auch an Kinder, die nicht das Vollbild eines ADS zeigen, jedoch spezifische Symptome aufweisen und einer spezifischen Unterstützung bedürfen. Das Alter der Kinder soll zwischen 5 und 12 Jahren betragen. Diese Altersspanne ist bewusst groß gehalten, da die Erfahrung zeigt, dass Kinder, ganz besonders ADS Kinder, von altersgemischten Gruppen bei entsprechendem Setting enorm profitieren.

Methodik

Die Förderung orientiert sich an den Leitsymptomen des ADS. Dies wird hier kurz ausgeführt.

1. Störung der Aufmerksamkeit: Das Klettern erfordert eine ungeteilte Aufmerksamkeit auf das momentane Tun. Wird die Konzentration unterbrochen, tritt die Konsequenz sofort ein. Unachtsames Benützen von Griffen und Tritten, Schwätzen, unkontrolliertes „rumhampeln“ hat klare Folgen: man fällt ins Seil.

2. Störung der Impulskontrolle: Das Klettern erfordert eine hohe Kontrolle der Impulsivität. Genau wie bei Punkt 1, hat ein impulsiver Ausbruch sofortige Konsequenzen, ohne dass pädagogisch interveniert werden muss, die Konsequenz ergibt sich aus dem Tun selbst. Ebenso erfordert das Klettern Beharrlichkeit und Ausdauer, auch die Frustrationstoleranz kann hierbei optimal erweitert werden.

3. Hyperaktivität oder Hypoaktivität: Das Klettern stellt hohe Anforderungen an die Koordination von Bewegungsabläufen, sowie die vorausschauende Planung derselben. Ebenso lernen die Kinder ihre motorischen Fähigkeiten und Grenzen richtig einzuschätzen und diese konkret umzusetzen. Störungen in der Propriozeption, der Kraftdosierung und dem Verstibulärsystem werden durch das Klettern verbessert. Hiervon profitieren sowohl hyper- als auch hypoaktive Kinder.

4. Störung des Sozialverhaltens Das Klettern bietet uns die Möglichkeit zur Schulung der sozialen Kompetenzen. Klettern kann man nicht alleine. Teams brauchen klare Absprachen, die Übernahme von Verantwortung, gegenseitiges Vertrauen und die Fähigkeit auf einander einzugehen. In unseren Gruppen haben die Kinder die Möglichkeit, die erlernten sozialen Kompetenzen zu üben und sich somit in eine Gruppe einzugliedern.

Was wird gefördert

Klettern setzt gerichtetes Handeln, Motivation und ein soziales Miteinander voraus. Verantwortung übernehmen und Vertrauen entwickeln, wo kommt das stärker zum Tragen als beim Sportklettern. Wir sprechen ja von Seilpartnerschaften.

Das partnerschaftliche Miteinander, Eigenständigkeit, angepasste Impulskontrolle, Selbsteinschätzung, Zuverlässigkeit im Handeln und die Möglichkeit mit Grenzerfahrungen in Kontakt zu kommen, ohne eine wirkliche Gefahr einzugehen, machen das Klettern zu einem idealen Trainingsfeld. Zudem bietet der Sport genug Raum um die Eigenwahrnehmung und die gesunde Selbsteinschätzung zu schulen.

Was geschieht bei den Kindern

Eine erfolgreich durchgeführte Handlung regt die Motivation an. Ist ein Problem bzw. eine Route geschafft, wird diese Handlugsweise, die erfolgreich zur Problemlösung geführt hat, als sinnvoll und lohnend zur Wiederholung eingestuft und in den Nervenzell-Netzwerken abgespeichert. Ein neues Repertoire von Verhaltensstrukturen entsteht.
 Das Klettern besteht, wie kaum etwas anderes, fast ausschließlich aus „Problemen“ die es zu lösen gilt. Sehr viele Kinder klettern gerne. So bietet sich das Klettern als „natürliche“ Ressource für pädagogische Arbeit gerade zu an. Es entspricht den Interessen der Kinder und eröffnet uns Therapeuten Zugang zu den Verhaltens- und Handlungsweisen der Kinder.

Was konnten wir beobachten:

  • Die Selbsteinschätzung verbessert sich, die Eigenverantwortlichkeit wird gestärkt.
  • Die Kinder erarbeiten sich Ernsthaftigkeit, Genauigkeit und Achtsamkeit.
  • Sie entdecken ihre Kraft, sowie Willensstärke und Durchhaltevermögen um eine Handlung durchzuführen. Die Frustrationstoleranz wird erhöht, das Selbstwertgefühl steigt.
  • Fast allen Kindern,  die meist als Einzelkämpfer zu uns kommen, gelingt es im Laufe eines Schuljahres sich in ein Gruppengefüge einzugliedern.

Ganz besonderen Wert legen wir darauf, dass sich jedes einzelne Kind ganz nach seinem eigenen Vermögen und Maß entwickeln kann – selbst gesucht, aber auch selbst gefunden.

 

Downloads

Flyer Therapeutisches Klettern (Pdf)

Anmeldung zum Basiskurs (Pdf)